Hoffnung für Geschädigte fondsgebundener Versicherungen
Bekanntlich entspricht es zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass dem Zustandekommen von Versicherungsverträgen, die in den Jahren zwischen 1994 und 2007 geschlossen worden waren, widersprochen werden kann, wenn der Versicherer keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt hatte. Versicherungsnehmer, die sehr verlustträchtige fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen abgeschlossen hatten, profitierten bisher von dieser Rechtsprechung allerdings kaum. Denn die Gerichte vertraten die Auffassung, dass an den Fondsanteilen eingetretene Wertverluste nicht im Verantwortungsbereich des Versicherers lägen, der Versicherer also nach Widerspruch nur den aktuellen Gegenwert der Fondsanteile herausgeben müsse.
Allerdings hatte der BGH bereits in einem Urteil vom November 2015 darauf hingewiesen, dass dies anders zu beurteilen sein könnte, wenn die Verluste an den Fondsanteilen nicht nur einen geringen Teil der Sparanteile ausmachten.
Das Landgericht Gießen und auch das Oberlandesgericht Köln vertreten in ihren Entscheidungen vom März und August 2017 nunmehr die Auffassung, dass man von einem geringen Teilverlust im Sinne der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann nicht mehr sprechen könne, wenn die Fondsanteile einen Wertverlust von mindestens 50 % – oder noch mehr – zu verzeichnen hätten. Denn in diesem Falle würde die Ausübung des Widerspruchsrechts faktisch leerlaufen und den Versicherungsnehmer gegenüber einer Kündigung und der Auszahlung nur des Rückkaufswertes nicht besserstellen.
Die neuen Entscheidungen, die auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten gut begründet erscheinen und die bisherige Rechtsprechung des BGH fortentwickeln, sind für all diejenigen Versicherungsnehmer fondsgebundener Renten- und Lebensversicherungen hilfreich, die, nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Kostenbelastung solcher Verträge, erhebliche Kapitalverluste erlitten hatten. Es dürfte im Übrigen im Zuge weiterer gerichtlicher Entscheidungen auch zu einer Präzisierung kommen, was der BGH unter der „Erheblichkeitsschwelle“ versteht. Nach meiner Auffassung sind Kapitalverluste nicht erst dann erheblich, wenn sie mehr als die Hälfte der ursprünglichen Sparanteile ausmachen. Hier bleibt eine Klärung, gegebenenfalls auch durch den BGH, abzuwarten.