Kanzleiinformation 4 vom 24.01.2024

                                                      Bankrecht

Abrechnung von Prämiensparverträgen

Zur Abrechnung von Prämiensparverträgen der Sparkassen, bei denen es primär um das in den neunziger Jahren sowie nach der Jahrtausendwende angebotene Sparmodell „S-Prämiensparen flexibel“ geht, existiert zwischenzeitlich umfangreiche Rechtsprechung, auch des Oberlandesgerichts Bamberg. Regelmäßig wird auf einen Referenzzins abgestellt, der entweder in Form eines Kapitalmarktzinses von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wird oder sich auf einen Spareinlagenzins bezieht. Eine einheitliche Form der Neuberechnung existiert bislang nicht. Der BGH hat sich hierzu noch nicht positioniert. Wir vermuten, dass der BGH den Instanzgerichten keine näheren Vorgaben machen wird, es also bei der Verwendung unterschiedlicher Grundlagen für die Neuberechnung, je nach Gerichtsbezirk, verbleibt. Klar ist aber, dass der Sparer nach rechtlicher Beendigung eines solchen Vertrages, etwa durch Kündigung, seine Ansprüche innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen muss.

Ordentliche Kündigung von Prämiensparverträgen

Zu dem vorgenannten Typ von Prämiensparverträgen hat der BGH durch sein Urteil vom 17.10.2023 (Az.: XI ZR 72/22) eine sparergünstige Entscheidung des OLG Nürnberg vom 29. 03.2022 aufgehoben. Danach verbleibt es, was die ordentliche Kündigung von Prämiensparverträgen anbelangt, bei der Rechtsprechung des BGH aus dem Jahre 2019:  Sparkassen können kündigen, sobald der Sparer die Höchstprämienstufe einmal erreicht hatte. Anderes ist allerdings denkbar, sofern im Einzelfall tatsächlich eine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart worden war.

Abrechnung sonstiger Sparverträge

Die Grundsätze, die für die Neuberechnung von Prämiensparverträgen der Sparkassen aufgestellt wurden, gelten gleichermaßen für Privatbanken oder andere Institute, etwa Volks- und Raiffeisenbanken. Zum Teil hatten letztgenannte aber auf Kündigungen von Sparverträgen verzichtet. Ansprüche auf Neuberechnung sowie Nachzahlung können deshalb, solange diese Verträge laufen, noch zeitlich unbegrenzt erhoben werden. Vor dem Hintergrund, dass wir in keinem einzigen Fall bislang eine zutreffende Abrechnung eines Sparvertrages durch eine Sparkasse erlebt hatten, dürfte einiges dafürsprechen, dass auch andere Institute Sparverträge unzutreffend abgerechnet haben und vermutlich auch weiterhin unrichtig berechnen.

Online-Banking-Betrug

Diesen Erscheinungsformen betrügerischer und schädigender Handlungen, die als „Phishing“ und „Pharming“ bezeichnet werden, ist gemein, dass vertrauliche Bankdaten ausgespäht werden sollen, um Zugriffe auf online-Konten zu ermöglichen. So werden Eingabemasken der eigenen Bank imitiert oder Bankkunden aufgefordert, geheimhaltungspflichtige Zugangsdaten, etwa auch in Telefonaten mit vermeintlichen Institutsmitarbeitern, herauszugeben. Warnhinweise erteilen die Verbraucherzentralen in diesem Bereich ständig. In den letzten Monaten gab es gehäuft auch Zugriffe auf Konten von Kunden der Sparkasse Bamberg. Wir bearbeiten mehrere Fälle, in denen die Mandanten zum Teil um bis zu Euro 30.000,00 geschädigt wurden. Die hiesige Spezialdienststelle der Kriminalpolizei (K 11 – Cybercrime) ermittelt in einer ganzen Anzahl von unterschiedlichen Sachverhalten. Wir konnten inzwischen die Erfahrung machen, dass verschiedene Geldinstitute auch bereits im außergerichtlichen Bereich und selbstverständlich ohne „Anerkennung einer Rechtspflicht“ bereit waren, unseren Mandanten hierdurch verursachte Schäden vollständig zu ersetzen.

                                     Grauer Kapitalmarkt

Beratungspflichtverletzung bei ungewöhnlicher Kapitalanlage

Auf unsere Berufung hat das Oberlandesgericht Hamburg den Inhaber der Eulenburg Financial Planning e.K., Herrn John Eulenburg, mit Urteil vom 14.12.2023 zum Schadenersatz verurteilt. Herr Eulenburg hatte unseren Mandanten vor Zeichnung einer Kapitalanlage bei der Targetum Treuhand GmbH beraten und diese Kapitalanlage zur sicheren Geldanlage empfohlen. Kurz nach der Investition wurde über das Vermögen der Targetum ein Insolvenzverfahren eröffnet, sodass der Großteil des eingesetzten Kapitals verloren sein dürfte. Im Gegensatz zum Landgericht Hamburg, das unsere Klage noch abgewiesen hatte, vertritt das Oberlandesgericht die Auffassung, dass der Berater eigene Nachforschungen hätte anstellen müssen, um seine Klienten über diese sehr ungewöhnliche Kapitalanlage  aufklären zu können. Habe der Berater eigene Nachforschungen nicht durchgeführt oder nicht die notwendigen Informationen einholen können, so wäre dies gegenüber dem Kapitalanleger zu verdeutlichen gewesen. Das Oberlandesgericht arbeitet in dieser Entscheidung den allgemeinen Grundsatz heraus, dass eine Anlageberatung letztlich dazu dient, es dem Anleger zu ermöglichen, vorhandene Risiken selbst bewerten zu können. Dies unabhängig davon, ob die Beratung mündlich oder auch mithilfe von Prospektmaterial erfolgt.

                                      Versicherungsrecht

Kürzung des Rentenfaktors

Das Landgericht Köln hat in einem rechtskräftigen Urteil vom 08.02.2023 (Az.: 26 O 12/22) festgestellt, dass die Kürzung des Rentenfaktors auch in einer Niedrigzinsphase nicht zulässig ist. Der Rentenfaktor bestimmt bei einer klassischen Rentenversicherung, wie viel Monatsrente der Versicherungsnehmer pro angesparten Euro 10.000,00 erhält. Da der Rentenfaktor bei Vertragsschluss garantiert wird, kann diese Garantie später nicht abgesenkt werden.

Kürzung des garantierten Rechnungszinses

Auf andere Weise versucht sich die Debeka Lebensversicherungsverein a. G. den bei Vertragsschluss eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen, indem man den garantierten Rechnungszins absenkt. Die Debeka vertritt die Auffassung, dass sich diese Garantiezusage nur auf die anfänglichen Versicherungsbeiträge, nicht aber auf spätere Erhöhungen beziehe. Auch dies hatte das Amtsgericht Bamberg in einem von uns erstrittenen Urteil vom 22.02.2018 aber als rechtswidrig angesehen (Az.: 0103 C 1015/17). Dieser Rechtsauffassung hatten sich später Berufungssenate des OLG Koblenz und des OLG Frankfurt am Main angeschlossen. Eine Reduzierung des Rechnungszinses versuchte auch die LPV Lebensversicherung AG (vormals Postbank Lebensversicherung AG). Nachdem das Amtsgericht Hanau dem Versicherer zu erkennen gegeben hatte, dass dieser sich an die bei Vertragsschluss erklärte Garantie halten müsse, wurde die Sache vergleichsweise erledigt, indem sich der Versicherer rückwirkend und künftig bis zum Vertragsablauf verpflichtete, unserem Mandanten zu seiner Rentenversicherung mindestens diesen Garantiezins zu gewähren.

Berufsunfähigkeit bei Unzumutbarkeit der Fortführung der Berufstätigkeit

In seinem Urteil vom 05.04.2023 (Az.: 5 U 43/22) weist das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken darauf hin, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht nur dann vorliegt, wenn der Versicherte infolge Krankheit nicht mehr zur Fortsetzung seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit imstande ist, sondern auch dann, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen eine Fortsetzung der Tätigkeit als unzumutbar erscheinen lassen. Im entschiedenen Sachverhalt hätte der Kläger „Raubbau“ an seiner Gesundheit betreiben müssen, um weiter arbeiten zu können. Denn eine schwere Erkrankung drohte sich bei Fortführung der Berufstätigkeit zu verschlechtern. Daneben gibt es weitere Fallgruppen, in denen die Fortführung der Berufstätigkeit als unzumutbar erscheint. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Medikamente mit gravierenden Nebenwirkungen eingenommen werden müssten oder während der Arbeitstätigkeit dauernde Schmerzen zu ertragen wären.

Bezug der Rente wegen Berufsunfähigkeit auch nach Ablauf der Versicherung

Für alle aktuellen – und potentiellen – Bezieher einer Rente wegen Berufsunfähigkeit könnte eine auf den ersten Blick etwas skurile Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.01.2016 (Az.: IV ZR 401/14) erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben. Der BGH hatte dort entschieden, dass der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente nicht stets mit dem Ablauf des Versicherungsvertrages endet. Denn zum Teil wurde in Versicherungsanträgen der Eindruck erweckt, die BU-Rente werde ohne Rücksicht auf den Versicherungsablauf über einen bestimmten Zeitraum bezahlt. Es macht deshalb Sinn, gerade ältere Versicherungsanträge daraufhin zu kontrollieren, ob diesen möglicherweise eine bestimmte Rentenleistungsdauer entnommen werden kann. Wir haben in einem ersten Verfahren Klage beim Landgericht Bamberg eingereicht.

Maklerhaftung im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung

Bekanntlich treffen den Versicherungsmakler, im Unterschied zum Ausschließlichkeitsvermittler eines Versicherers, umfangreiche Aufklärungs- und Beratungspflichten. Diese Pflichten bestehen insbesondere beim Wechsel von Versicherungsverträgen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass sich der Verbraucher im Hinblick auf seinen Versicherungsschutz beim Vertragswechsel nicht verschlechtern will. Diese Überlegung – Verschlechterung des Versicherungsschutzes bzw. Nichtaufklärung über eine bestehende Deckungslücke – führte zur rechtskräftigen Verurteilung eines Versicherungsmaklers durch Urteil des Landgerichts Bamberg vom 20.09.2021 (Az.: 43 O 276/18 Ver). Der Makler hatte unserer Mandantin empfohlen, die vorhandene Berufsunfähigkeitsversicherung zu kündigen und stattdessen eine – wesentlich preisgünstigere – „Existenzschutz-Versicherung“ abzuschließen. Das Problem bestand allerdings darin, dass Letztere keinerlei Leistungen bei psychischer Erkrankung vorsah. Im Rahmen der bisherigen Berufsunfähigkeitsversicherung wären psychische Erkrankungen mitversichert gewesen. Der Beklagte hatte unserer Mandantin daher für die Zeit der Berufsunfähigkeit Rentenleistungen im Wege des Schadenersatzes zu erstatten. Ferner wurde festgestellt, dass die Klägerin so zu stellen sei, als ob die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht gekündigt worden wäre. Insoweit besteht nach dem Urteil also auch für die Zukunft ein Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsmakler, sollte Berufsunfähigkeit (erneut) eintreten.

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