Betriebsschließungsversicherung: Landgericht München I entscheidet zugunsten des Versicherungsnehmers
Mit Urteil vom 01.10.2020 hat das Landgericht München I entschieden, dass dem Pächter einer Gaststätte, der eine Betriebsschließungsversicherung bei der Versicherungskammer Bayern unterhält, der versicherte Betriebsschließungsschaden zu ersetzen sei. Das Gericht hatte sich in seinem Urteil mit einer ganzen Reihe von Einwendungen des Versicherers auseinanderzusetzen. Im Kern ging es jedoch darum, dass der Versicherer das Coronavirus nicht als versicherte Krankheit bzw. versicherten Krankheitserreger ansah, da dieses in einer Auflistung der Versicherungsbedingungen nicht enthalten war. Enthalten war allerdings ein ausdrücklicher Hinweis auf die §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Dort (§ 6 Abs. 1 Ziffer 1 t) ist, jedenfalls in der aktuellen Fassung, die Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) ausdrücklich benannt. Das Landgericht erachtet die Klausel in den Versicherungsbedingungen, in der die relevanten Krankheiten und Krankheitserreger unter Hinweis auf §§ 6 und 7 IfSG genannt werden, als intransparent. Denn aufgrund der Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz dürfe der Versicherungsnehmer von einem umfassenden Versicherungsschutz ausgehen.
Es bleibt zunächst abzuwarten, ob diese Entscheidung rechtskräftig wird. Letztlich wird sich vermutlich der BGH mit diesem Sachverhalt oder einem der vielen bereits rechtshängigen Parallelverfahren zu befassen haben. Zu beachten ist allerdings, dass nach unserer Kenntnis die Versicherer sehr unterschiedliche Klauseln, was insbesondere die versicherten Erkrankungen anbelangt, verwenden. Es ist deshalb jeweils im Einzelfall zu prüfen, in welchem Umfang der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz genießt.
Wie die Entscheidung des Landgerichts München I zeigt, macht es, schon aufgrund der hohen und zum Teil existenzbedrohenden Betriebsschließungsschäden Sinn, die Sachverhalte und insbesondere die Bedingungswerke des betreffenden Versicherers zu prüfen. Keinesfalls sollte hier vorschnell ein Vergleich akzeptiert werden, der häufig angeboten wird. Zum Teil wird hier von Versichererseite, wohl auch unter Ausnutzung der schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler Gewerbetreibender, versucht, letztere zum Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs zu veranlassen, bei dem regelmäßig lediglich 15 % des Schaden ersetzt würden.