Firma Südwest wiederholt zum Schadenersatz verurteilt
Gegen die Südwest Finanz-Vermittlung Zweite AG und ihre Schwestergesellschaften konnten einige weitere gerichtliche Entscheidungen erstritten werden. Nach wie vor werden offenbar die hochriskanten atypisch stillen Beteiligungen dieser Gesellschaften des grauen Kapitalmarkts durch die Vermittler als sicher, hochrentierlich und steuerwirksam angeboten.
In seinem Urteil vom 23.05.2006 gelangte das Landgericht Marburg daher zu dem Ergebnis, dass das Totalverlustrisiko von dem Vermittler nicht in ausreichender Deutlichkeit dargestellt, sondern im Gegenteil verharmlost worden sei. Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte die Südwest Finanz-Vermittlung Zweite AG am 28.10.2005 ohne Beweisaufnahme zum Schadenersatz, da es eine unzureichende Aufklärung des dortigen Kapitalanlegers über spezifische Risiken einer solchen Kapitalanlage dem unzureichenden Prospektmaterial der Südwest Finanz-Vermittlung Zweite AG zu entnehmen können glaubte. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigte diese landgerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 13.04.2005 und vertrat die Auffassung, dass es der Firma Südwest und dem dort mitverklagten Vermittler nicht gelungen sei, den Ablauf des Verkaufsgesprächs eingehend zu schildern, so dass das Vorbringen des Kapitalanlegers als zugestanden zugrunde zu legen war.
Auch das Landgericht Darmstadt vertritt dieselbe Auffassung in seinem Urteil vom 15.08.2006 und weist darauf hin, dass es der Kapitalanlagegesellschaft obliege, erforderlichenfalls durch Kontaktaufnahme mit dem eingeschalteten Vermittler zu klären, wie die Beratung des Kapitalanlegers im einzelnen erfolgt sei. Das zuständige Berufungsgericht, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, hielt gleichwohl eine Beweisaufnahme für erforderlich, gelangte jedoch in seinem Urteil vom 20.07.2007 zu dem Ergebnis, dass die dortigen Kapitalanleger durch Vermittler der Südwest Finanz-Vermittlung Zweite AG sowie der Südwest Finanz-Vermittlung Dritte AG nicht ausreichend über Risiken aufgeklärt worden seien. Im Ergebnis wurde die Berufung der beiden Südwest-Gesellschaften deshalb zurück gewiesen. Unser Mandant hat die geleistete Gesellschaftseinlage inzwischen zzgl. der inzwischen aufgelaufenen Zinsen erstattet erhalten.
Offenbar ergeben sich für die Südwest Finanz-Vermittlung Zweite AG und ihre Schwestergesellschaften nicht unerhebliche Schwierigkeiten, die Vermittler vor Ort zu ausführlichen Stellungnahmen zu veranlassen, damit vor Gericht substantiiert vorgetragen werden kann, also überhaupt erst einmal die Grundlage für eine Beweisaufnahme geschaffen wird.
Wir können uns dies nur damit erklären, dass eine Vielzahl der eingeschalteten Vermittler keine Neigung verspürt, vor Gericht als Zeugen aufzutreten. Offenbar wissen die Vermittler selbst, dass ihre „Beratung“ im Vorfeld der Zeichnung derartiger atypisch stiller Beteiligungen den rechtlichen Vorgaben nicht entsprechen.
Aus unserer Sicht stellt sich die Fehlberatung potentieller Kapitalanleger als schlichte Notwendigkeit dar, durchschnittliche Verbraucher überhaupt zur Zeichnung derart riskanter Kapitalanlagen zu veranlassen. In Kenntnis der gravierenden Risiken, die bis zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals reichen, der außergewöhnlich hohen Kosten, der Haftungssituation des atypisch still Beteiligten sowie der fehlenden Flexibilität der Beteiligungen – diese sind zumeist auf Jahre hinaus nicht kündbar und mangels Marktes für solche Beteiligungen auch nicht anderweitig verwertbar – wäre wohl kaum ein Kapitalanleger bereit, eine atypisch stille Beteiligung zu zeichnen.
Das Oberlandesgericht München stellte in seinem Urteil vom 30.05.2006, das allerdings nicht von unserer Kanzlei erwirkt worden ist, fest, dass sich derartige Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarkts prinzipiell zur Altersvorsorge für einen durchschnittlichen Verbraucher mit einem durchschnittlichen Verdienst nicht eigneten. Den Informationen unserer Mandanten zufolge wurden die atypisch stillen Beteiligungen unter der Bezeichnung „Südwest Renta Plus“ aber gerade als private Altersvorsorge angeboten. Nicht darauf hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang, dass man möglicherweise jahrzehntelang Beiträge an die Südwest-Gruppe zahlt, ohne zu wissen, ob sich in 15, 20 oder 25 Jahren überhaupt ein Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder diese Kapitalanlagegesellschaften dann überhaupt noch existieren.
Für derartige Anlagegesellschaften des grauen Kapitalmarkts existiert keinerlei staatliche Kontrolle und insbesondere auch keinerlei wie immer auch geartete Absicherung für die von den Gesellschaftern geleisteten Einzahlungen. Gleichwohl wurde eine Vielzahl unserer Mandanten veranlasst, sehr sichere Anlagen in Form von Bausparverträgen, kapitalbildenden Lebensversicherungen oder Bankguthaben zu kündigen und das frei werdende Kapital für Einzahlungen an die Südwest-Gruppe zu verwenden. Argument hierfür war jeweils, dass man bei einer solchen „Sachwertanlage“ ein Inflationsrisiko ausschließe, sich höhere Renditen ergäben und man darüber hinaus auch Steuervorteile nutzen könne.
Zum Teil konnten gerichtliche oder außergerichtliche Vergleiche mit den Gesellschaften der Südwest-Gruppe geschlossen werden, denen zufolge die Kapitalanleger einen erheblichen Teil ihrer Einlagen erstattet erhielten und die hochriskanten Beteiligungen aufgelöst wurden.
Seit einigen Jahren existiert nunmehr auch eine Südwest Finanz-Vermittlung Dritte AG, die mit demselben Anlageprodukt wie ihre Schwestergesellschaften neue Geldgeber sucht.
Angesichts des angebotenen Produkts und der unseriösen Vertriebsmethoden verwundert es nicht, dass die Gesellschaften der Südwest-Gruppe seit Jahren einen Stammplatz auf der Anlegerwarnliste der Zeitschrift „Finanztest“, die von der Stiftung Warentest herausgegeben wird, behaupten.
Um die tatsächlichen Risiken eines solchen Kapitalanlagemodells einschätzen zu können, muss man sich auch vergegenwärtigen, dass bereits mehrere ähnlich strukturierte Gesellschaften, die ebenfalls atypisch stille Beteiligungen anboten, in den vergangenen Jahren insolvent wurden. Wir verweisen insoweit exemplarisch auf die Insolvenz der „Euro-Gruppe“ aus Würzburg gegen Ende des Jahres 2005 sowie die Insolvenz der „Göttinger-Gruppe“ Mitte des Jahres 2007. In beiden Fällen wurden Tausende von Kapitalanlegern geschädigt.