Kanzleiinformation vom 27.10.2021

Bankrecht

Abrechnung von Prämiensparverträgen

Am 06.10.2021 wurde ein Urteil des BGH (Az.: XI ZR 234/20) verkündet, das allerdings noch nicht in schriftlich abgesetzter Form vorliegt. Den Medienberichten (z. B. Zeitschrift „Finanztest“) ist zu entnehmen, dass der BGH das sparerfreundliche Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 22.04.2020 weitestgehend aufrechterhalten haben soll. Die Sache wurde offenbar nur deshalb an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, damit dieses, gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe, einen geeigneten Referenzzins bestimmt.

Mit diesem Urteil dürften Klageabweisungen, die auch wir vom Landgericht Bamberg erhalten hatten, kaum mehr aufrechtzuerhalten sein. Diesbezüglich werden wir im Dezember weitergehende Informationen erhalten, wenn vor dem Oberlandesgericht Bamberg mündliche Berufungsverhandlungen stattfinden. Da wir die Entscheidungen des Landgerichts Bamberg sowohl in der Begründung, wie auch im Ergebnis als nicht haltbar ansehen, wurden gegen sämtliche klageabweisende Urteile Rechtsmittel eingelegt.

Nachdem Kosten für derartige Klagen aktuell schwer zu beziffern sind, kann es für nicht rechtsschutzversicherte Mandanten Sinn machen, zunächst die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten. Rechtsschutzversicherte Sparer sollten dagegen zum jetzigen Zeitpunkt eher Klage erheben, um gegebenenfalls eine teilweise Verjährung von Ansprüchen zu verhindern.

Das oben genannte Urteil des BGH vom 06.10.2021 kann unserer Einschätzung nach auch zum Anlass genommen werden, mit vergleichsbereiten Sparkassen Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung aufzunehmen.

Änderung von Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen/Kontoführungsentgelte

Am 27.04.2021 erging zum Aktenzeichen: XI ZR 26/20 ein bedeutsames Urteil des BGH. Im Rahmen eines vom Bundesverband der Verbraucherzentralen initiierten Verfahrens stellte der BGH fest, dass Änderungen von Bank- bzw. Sparkassenbedingungen nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden erfolgen können. Bislang war es Praxis, dass Änderungen von Geschäftsbedingungen, aber auch die Erhöhung von Bankentgelten, zum Beispiel für Girokonten, in der Weise erfolgten, dass der neue Preis bekannt gegeben wurde und, wenn der Kunde innerhalb bestimmter Fristen nicht widersprach, seine Zustimmung unterstellt wurde. Der BGH beendete diese Praxis nunmehr unter Hinweis auf einen zivilrechtlichen Grundsatz, dem zufolge das Schweigen, jedenfalls bei einem Verbraucher, nicht als Willenserklärung aufzufassen sei.

Unmittelbare Bedeutung hat dies nunmehr für Bankentgelte im weitesten Sinne: Nach unserer Auffassung können Banken und Sparkassen solche Entgelte nur verlangen, soweit diese wirksam vereinbart worden waren. In der Regel werden (wirksame) Vereinbarungen bei Eröffnung von Konten erfolgt sein. Gerade Altkunden können daher zum einen überbezahlte Gebühren zurückverlangen und zum anderen auch darauf bestehen, dass sich die aktuellen Kosten danach bemessen, was wirksam vereinbart worden war. Im Hinblick auf mögliche Erstattungen wird aber die Verjährungsproblematik zu berücksichtigen sein. Dazu hatte der BGH allerdings keinen Anlass, sich in dem genannten Urteil zu äußern.

Negativzinsen/Verwahrentgelte

Das vorgenannte Urteil des BGH vom 27.04.2021 hat auch in diesem Zusammenhang Bedeutung: Die Bank/Sparkasse kann Negativzinsen in bestehenden Geschäftsverbindungen nicht einfach einseitig festsetzen. Damit ein „Verwahrentgelt“ berechnet werden kann, bedarf es einer Vereinbarung mit dem Kunden. Deshalb hört man aktuell von Kreditinstituten, die ihre Kunden zu persönlichen Beratungen bitten. Hintergrund ist das Bestreben, Sparguthaben entweder in andere Anlageprodukte umzuschichten, bei deren Vertrieb Provisionen zu verdienen sind oder alternativ eben eine Vereinbarung zur Berechnung eines „Verwahrentgelts“ zu treffen. Selbstverständlich braucht man dem nicht zustimmen, wird möglicherweise aber damit rechnen müssen, dass über kurz oder lang die Geschäftsverbindung im Weigerungsfalle gekündigt wird. Ob allerdings gerade im Sparkassenbereich eine solche Weigerung tatsächlich einen sachlichen Grund dafür bieten kann, die Geschäftsverbindung zu kündigen, ist zweifelhaft.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat im Übrigen mehrere gerichtliche Verfahren angestrengt, um die prinzipielle (Un-) Zulässigkeit von Negativzinsen/Verwahrentgelten klären zu lassen. Denn natürlich widerspricht es dem Sinn und Zweck eines Spar- oder Tagesgeldkontos, wenn der Sparer nicht nur keine Zinsen auf sein Guthaben erhält, sondern sich dieses sukzessive verringert.

Vorfälligkeitsentschädigungen

Zwischenzeitlich werden immer mehr Urteile verkündet, die sich mit der Frage beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen Banken und Sparkassen überhaupt Vorfälligkeitsentschädigungen berechnen dürfen. Dies setzt voraus, dass hierzu eine Vereinbarung im Darlehensvertrag getroffen worden war. Wie die gerichtlichen Entscheidungen zeigen, scheint es Kreditinstituten zum Teil nicht gelungen zu sein, in Darlehensverträgen in der gesetzlich vorgeschriebenen Art und Weise über Vorfälligkeitsentschädigungen zu informieren. Konsequenz kann dann sein, dass solche Entschädigungen nicht berechnen werden dürfen.

Grauer Kapitalmarkt

11 Champions AG

Hierzu sind in den vergangenen Monaten weitere gerichtliche Entscheidungen ergangen. Hintergrund ist, dass die 11 Champions AG in vielen Fällen die in den Zertifikaten verbrieften und fälligen Rückzahlungen nicht geleistet hatte. Mit zum Teil kurioser Argumentation versucht sich die 11 Champions AG in gerichtlichen Auseinandersetzungen ihrer Zahlungspflicht zu entziehen. In bislang allen Fällen ist es uns aber gelungen, Zahlungsansprüche durchzusetzen und Zahlungen, spätestens nach rechtskräftiger Entscheidung, auch zu realisieren. Kapitalanleger sollten sich keinesfalls auf einen späteren Auszahlungszeitpunkt „vertrösten“ lassen, weil natürlich nicht beurteilt werden kann, ob die 11 Champions AG dann, in einigen Jahren, überhaupt noch wirtschaftlich leistungsfähig ist. Als problematisch sehen wir insbesondere die Jahre 2023 und 2026 an, wenn, nach Ablauf von Vertragslaufzeiten von 13 und 16 Jahren, zahlreiche weitere Auszahlungen fällig werden.

P+R-Containerfonds

Der Insolvenzverwalter der verschiedenen Fondsgesellschaften, Herr Rechtsanwalt Jaffé, tritt seit einiger Zeit an Insolvenzgläubiger heran, um mit diesen eine Vereinbarung über die Verjährungshemmung zu treffen. Dies gestützt auf die Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters, dass er für einen Zeitraum von vier Jahren vor Insolvenzeröffnung Zahlungen, die die Anleger von den einzelnen Containergesellschaften erhalten hatten, zurück fordern könne. Dies betrifft sowohl vereinnahmte Mieten, wie auch Vergütungen, die im Zuge der Rücknahme gebrauchter Container seitens der P+R-Gesellschaften bezahlt worden waren.

Ehe Kapitalanleger solche Hemmungsvereinbarungen unterzeichnen, sollte man wissen, dass Klagen des Insolvenzverwalters durchaus abgewiesen worden sind. Exemplarisch ist hier auf einen Beschluss des OLG München vom 20.05.2021 (Az.: 5 U 7147/20) zu verweisen, in dem ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts München I bestätigt worden war.

Wenn man jetzt die angebotenen Hemmungsvereinbarungen unterzeichnet, wird man davon ausgehen können, dass man bei Ablauf solcher Vereinbarungen vor demselben Problem steht wie heute: Letztlich wird der Insolvenzverwalter zumindest vergleichsweise einen Teil der Rückzahlungen beanspruchen. Wer in diesem Bereich über eine Rechtsschutzversicherung verfügt und Kosten nicht zu scheuen braucht, ist daher unseres Erachtens besser beraten, solche Hemmungsvereinbarungen nicht zu unterzeichnen und die Sache erforderlichenfalls gerichtlich klären zu lassen.

Versicherungsrecht

Debeka Lebensversicherungsverein a. G.

Die Debeka hatte, insbesondere in den Jahren 2017 und 2018, in einer Vielzahl von Versicherungsverträgen (Riester-Rentenversicherungen, Leibrentenversicherungen und kapitalbildende Lebensversicherungen) den garantierten Rechnungszins auf Erhöhungsbeiträge/Dynamisierungen zunächst auf 0,9 % reduziert. Eine weitere Änderung zum Nachteil der Versicherungsnehmer erfolgte im Jahre 2021; seitdem beträgt der Rechnungszins nur noch 0,25 %. Außerdem vertritt die Debeka auch die Auffassung, dass sie bei Erhöhungsbeiträgen Sterbetafeln und gegebenenfalls auch Kostensätze ändern dürfe.

Zur Problematik des (garantierten) Rechnungszinses hatte das Amtsgericht Bamberg bereits im Februar 2018 entschieden, dass eine solche Praxis rechtswidrig sei. Nachdem das Landgericht Koblenz die Klagen einiger von uns vertretener Mandanten abgewiesen hatte, wies das zuständige Berufungsgericht, das Oberlandesgericht Koblenz, ebenfalls darauf hin, dass diese Praxis der Debeka „vertragswidrig“ sei.

In den vor dem OLG Koblenz geführten Verfahren musste sich die Debeka, um Urteilen an ihrem Sitz in Koblenz zu entgehen, notgedrungen vergleichen. In diesen Vergleichen bestätigt der Versicherer, dass es, solange der Tarif gilt, weiterhin, auch für Erhöhungsbeiträge, bei dem garantierten Rechnungszins bleibt. Offenbar um weitere gerichtliche Auseinandersetzungen in Koblenz zu vermeiden, ist die Debeka dazu übergegangen, Anerkenntnisse im materiell-rechtlichen Sinne auch bereits außergerichtlich abzugeben, sofern man entsprechende Aufforderungen durch unsere Kanzlei erhält. Bezeichnenderweise werden allerdings Widersprüche der Versicherungsnehmer selbst nach wie vor zurückgewiesen. Diese erhalten von der Debeka mehr oder weniger einheitliche Formschreiben, in denen unter Nennung einer Vielzahl für den Versicherer günstiger Entscheidungen darauf hingewiesen wird, dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Beibehaltung des garantierten Rechnungszinses und der sonstigen bei Vertragsschluss getroffenen Vereinbarungen habe.

Widerspruchs- bzw. Widerrufsrechte

Dieses Thema ist nach wie vor aktuell. Insbesondere zahlreiche Widerspruchsbelehrungen, wie sie vor der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes zum 01.01.2008 zu erteilen waren, sind unrichtig. Diesen Lebens- und Rentenversicherungen kann auch heute noch widersprochen werden. Je nach Art der Versicherung können sich unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben; die Versicherer sind entweder verpflichtet, den Gegenwert der Fondsanteile auszuzahlen oder die geleisteten Beiträge zu erstatten. Der BGH hat im Übrigen entschieden, dass die Versicherer im Falle des Widerspruchs Kosten im weitesten Sinne, etwa Abschluss- oder Verwaltungskosten, nicht einbehalten dürfen, sondern ebenfalls an die Versicherungsnehmer herausgeben müssen. Einen Anspruch auf eine Vergütung haben die Versicherer in diesen Fällen nur, soweit konkrete Risiken abgesichert worden waren. So hatte der BGH etwa entschieden, dass der Versicherer die Prämien für die Kosten einer Todesfallabsicherung einbehalten dürfe. Ähnliches wird bei Verträgen gelten, bei denen ein Teil der Beiträge auf Zusatzversicherungen, etwa Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen, bezahlt worden war.

Letztlich ist es in vielen Fällen eine wirtschaftliche Entscheidung, ob es Sinn macht, von einem Widerspruchs- oder Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Zu berücksichtigen ist hierbei zum Beispiel, dass ältere kapitalbildende Versicherungen zum Teil relativ hohe Garantieverzinsungen enthalten. 

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